Prioritäten setzen – Weichen stellen: Kreispolitik in Zeiten knapper Ressourcen

Landrat Heiner Scheffold bringt Haushaltsentwurf 2026 im Kreistag ein

Man sieht einen Tisch, an welchem zwei Personen sitzen und rechnen
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„Wir stehen vor der größten haushaltspolitischen Herausforderung in der Geschichte des Alb-Donau-Kreises. Zum vierten Mal in Folge gelingt uns kein ausgeglichener Haushalt, und die Rücklagen sind weitgehend aufgebraucht. Diese Entwicklung ist kein lokales Versagen, sondern Ausdruck einer systemischen Schieflage: Bund und Land übertragen immer neue Aufgaben, ohne sie ausreichend zu finanzieren. Wenn wir als Landkreis handlungsfähig bleiben wollen, müssen wir ehrlich priorisieren, gezielt kürzen und gemeinsam – in Abstimmung mit Kreistag, Kreisverwaltung und Kommunen – tragfähige Lösungen suchen, um die Zukunft unseres Landkreises verantwortungsvoll zu gestalten“, sagte Landrat Heiner Scheffold bei der Einbringung des Haushaltsentwurfs 2026 in den Kreistag.

Strukturelles Defizit trotz Einsparungen

Der Haushaltsentwurf 2026 umfasst ein Volumen von rund 381 Millionen Euro und würde bei unveränderter Kreisumlage ein Defizit von 10,5 Millionen Euro ausweisen – trotz umfangreicher Einsparungen in Höhe von rund 5,6 Millionen Euro. Dabei sind die zusätzlichen Mittel aus dem kürzlich vom Land Baden-Württemberg beschlossenen „Paktes zur Stärkung der Kommunalfinanzen“ in Höhe von 4,9 Millionen Euro bereits berücksichtigt. Mit der vorgeschlagenen Anhebung der Kreisumlage um zwei Prozentpunkte reduziert sich das Defizit auf 2,7 Millionen Euro. Damit bleibt der Alb-Donau-Kreis im vierten Jahr in Folge im Minus.
 
Dabei zeigen sich auf der Einnahmenseite zunächst positive Entwicklungen: Die Steuerkraftsumme der Kreisgemeinden wächst um rund elf Prozent, wodurch die Einnahmen aus der Kreisumlage um rund 10,6 Millionen Euro steigen. Hinzu kommen Mehreinnahmen von rund drei Millionen Euro aus der Grunderwerbsteuer sowie eine gestiegene Ausschüttung der OEW in Höhe von 14,7 Millionen Euro (Vorjahr: 12,6 Millionen Euro).
 
Trotz dieser Zuwächse setzt sich die Ausgabendynamik ungebremst fort. Haupttreiber bleiben die explodierenden Kosten im Sozialhaushalt: Der Zuschussbedarf überschreitet erstmals die Marke von 100 Millionen Euro und erhöht sich um rund 15,3 Millionen Euro gegenüber dem Vorjahr. Besonders stark wirken sich die Kostensteigerungen in der Eingliederungshilfe (+4,5 Millionen Euro), den Sozialen Hilfen (+5,2 Millionen Euro) sowie in der Kinder- und Jugendhilfe (+5,6 Millionen Euro) aus. „Wir haben kein Einnahmenproblem, sondern ein massives Ausgabenproblem infolge bundesgesetzlicher Vorgaben – und diese Schieflage lässt sich ohne strukturelle Reformen nicht mehr allein durch lokale Sparanstrengungen kompensieren“, so Scheffold.
 
Hohe Sozialausgaben, gestiegene Personalkosten und die anhaltenden Belastungen durch Krankenhausfinanzierung und ÖPNV treiben den Kreishaushalt weiter in die roten Zahlen. Zwar konnte der Zuschussbedarf für das Alb-Donau Klinikum durch konsequente Konsolidierung auf 4,8 Millionen Euro gesenkt werden – den niedrigsten Wert seit 2019 –, dennoch bleibt der gesamte Klinikbereich ein erheblicher Kostenfaktor. Auch der öffentliche Nahverkehr schlägt mit rund 16,6 Millionen Euro Zuschussbedarf zu Buche, vor allem durch steigende Energiepreise, neue gesetzliche Vorgaben und die Umstellung auf emissionsfreie Fahrzeuge. Hinzu kommen Personalkosten in Höhe von 68,5 Millionen Euro, die trotz gezieltem Stellenabbau infolge von Tarifsteigerungen weiter anwachsen.

Kreisumlage soll moderat steigen

Angesichts der angespannten Finanzlage schlägt Landrat Scheffold für das Jahr 2026 eine moderate Erhöhung der Kreisumlage um zwei Punkte von 27,5 auf 29,5 Prozent vor. Selbst mit dieser Anpassung bleibt im Ergebnishaushalt ein Restdefizit von rund 2,7 Millionen Euro; Rücklagen und Liquidität sind dann bis Jahresende 2026 aufgebraucht. Eine geringere Erhöhung der Kreisumlage wäre daher aus Sicht des Landrats nicht sinnvoll und vertretbar: „Mit dieser Kreisumlage bleiben wir weiterhin knapp sechs Prozentpunkte unter dem Landesdurchschnitt. Die Anpassung fällt also moderat aus – sie ist aber notwendig. Ein genehmigungsfähiger Haushalt ist keine Formalität, sondern die Grundlage dafür, dass wir als Landkreis handlungsfähig bleiben. Wenn die Rücklagen aufgebraucht sind und Liquidität fehlt, droht ein reiner Verwaltungsnotbetrieb – ohne Entwicklung, ohne Gestaltungsspielraum“, warnte Scheffold.
 
Der vom Land Baden-Württemberg beschlossene „Pakt zur Stärkung der Kommunalfinanzen“ bringt dem Alb-Donau-Kreis im Jahr 2026 eine einmalige Entlastung in Höhe von rund 4,9 Millionen Euro. Diese Mittel helfen, den Ergebnishaushalt abzufedern, können die strukturelle Schieflage der kommunalen Finanzen jedoch nicht beheben. Ohne diesen Pakt hätte die Kreisumlage um mindestens drei Prozentpunkte angehoben werden müssen, um die Finanzierung des Ergebnishaushalts zu sichern. Über die reduzierte Umlage gibt die Kreisverwaltung die vom Land gewährte Entlastung praktisch eins zu eins an die Kommunen weiter. „Der Pakt ist ein wichtiges Signal der Unterstützung, aber er ersetzt keine dauerhafte Reform der Finanzbeziehungen zwischen Bund, Land und Kommunen“, betonte Scheffold.

Konsolidierung mit Augenmaß

Um die Haushaltslage zu stabilisieren, hat der Alb-Donau-Kreis bereits ein umfassendes Konsolidierungspaket beschlossen, das ab 2026 wirksam wird. Es sieht Einsparungen und organisatorische Veränderungen in nahezu allen Bereichen der Verwaltung vor – von moderaten Kürzungen im Radwegeprogramm über Einschränkungen im Straßenunterhalt bis hin zu Anpassungen bei Verwaltungs- und Serviceleistungen. Auch der ÖPNV und die Schülerbeförderung sind von den Maßnahmen betroffen. Insgesamt entlasten die beschlossenen Einsparungen den Ergebnishaushalt um rund 5,6 Millionen Euro.
 
Besonders im Personalbereich verfolgt der Kreis eine klare Linie: Durch den Verzicht auf Neustellen trotz wachsender Aufgaben und einen gezielten Stellenabbau sowie strukturelle Anpassungen wird der Haushalt ab 2026 um rund 2,4 Millionen Euro entlastet. Rechnerisch werden im Jahr 2026 31 Stellen abgebaut. Der Abbau von weiteren neun Stellen in den Folgejahren ist bereits beschlossen. Zudem wird das Amt 13 „Bildung und Nachhaltigkeit“ aufgelöst und seine Aufgaben auf bestehende Ämter verteilt. Das Thema Nachhaltigkeit wird künftig im Amt für Nachhaltige Kreisentwicklung verankert, während die Bildungsaufgaben wieder an das Amt für Finanzen und Liegenschaften übergehen. „Wir müssen unsere Verwaltung so aufstellen, dass sie effizient bleibt, auch wenn die Ressourcen knapper werden“, sagte Scheffold.

Investitionen mit klaren Prioritäten

Trotz der finanziellen Engpässe hält der Alb-Donau-Kreis an wichtigen Zukunftsinvestitionen fest. Für 2026 sind Investitionen in Höhe von 23,3 Millionen Euro geplant – und damit auf dem Niveau der Vorjahre. Schwerpunkte sind das Alb-Donau Klinikum mit rund 10 Millionen Euro, der Ausbau und die Sanierung von Kreisstraßen und Radwegen mit 5,3 Millionen Euro sowie Investitionen in Schulen, Verwaltungsgebäude und die Digitalisierung.
 
Im Bildungsbereich stehen insbesondere die sonderpädagogischen Einrichtungen im Fokus. Für die Sanierung und Erweiterung der Astrid-Lindgren-Schule sind 451.000 Euro vorgesehen, für die Schmiechtalschule Ehingen 200.000 Euro. Darüber hinaus sind 500.000 Euro für die Prüfung einer Erweiterung der Magdalena-Neff-Schule eingestellt, um die Ausbildungskapazitäten in der Region zu sichern. „Wir investieren dort, wo der Bedarf am größten ist und wo wir Zukunft gestalten können – generationengerecht, verantwortungsvoll und mit Weitblick“, so Scheffold.

Gesundheitsversorgung als Generationenaufgabe

Das bedeutendste Zukunftsprojekt bleibt der Neubau des Alb-Donau Klinikums in Ehingen. Mit einem Gesamtvolumen von rund 370 Millionen Euro, von denen der Landkreis voraussichtlich 148 Millionen Euro trägt und das Land rund 222 Millionen Euro fördert, handelt es sich um die größte Einzelinvestition in der Geschichte des Alb-Donau-Kreises. „Der Neubau ist kein Luxusprojekt, sondern die Voraussetzung dafür, dass wir die beschlossene Krankenhausreform umsetzen können und die Menschen im Alb-Donau-Kreis auch in Zukunft eine verlässliche und wohnortnahe medizinische Versorgung erhalten“, sagte Scheffold.
 
Neben dem Neubau investiert der Landkreis auch in die bestehende Infrastruktur. Für Modernisierungen und medizinische Ausstattung sind im Haushalt 2026 rund 8 Millionen Euro vorgesehen, weitere 2 Millionen Euro fließen in den Neubau eines Arbeitskräftewohnheims in Ehingen. Der Betriebskostenzuschuss für das Klinikum kann zum zweiten Mal in Folge gesenkt werden und liegt 2026 bei 4,8 Millionen Euro – dem niedrigsten Wert seit 2019. „Das zeigt, dass wirtschaftliches Arbeiten und hohe medizinische Qualität sich nicht ausschließen“, so Scheffold.

Verantwortung zeigen in schwierigen Zeiten

„Was wir in der kommunalen Realität erleben, sind die Folgen einer Bundespolitik, welche die Leistungen insbesondere im Sozialbereich in den vergangenen zehn Jahren deutlich ausgebaut hat, ohne sie gegenzufinanzieren. Die Folgen spüren wir hier vor Ort durch den Wegfall freiwilliger Angebote sowie eine Verschlechterung von Servicequalität und Infrastruktur. Die Bundesregierung muss endlich den Mut aufbringen, aus der prekären Lage der kommunalen Haushalte die notwendigen Konsequenzen zu ziehen. Reformen sind überfällig.
 
Das jüngst beschlossene Infrastrukturpaket des Bundes gleicht die bestehenden Defizite nur in Ansätzen aus. Es korrigiert nicht die Ursachen. Ohne Reformen werden die Probleme nur verschoben – auf Kosten der jungen Generation. Das ist das Gegenteil von Generationengerechtigkeit.
 
Es braucht auf allen Ebenen ein neues Verständnis von politischer Verantwortung. Verantwortung heißt, Zielkonflikte offen zu benennen – zwischen Wünschenswertem und Machbarem. Zwischen dem Wunsch nach individueller Entlastung und dem Anspruch, das Gemeinwesen in seiner Substanz zu erhalten. Und Verantwortung heißt, gerade dann Haltung zu zeigen, wenn Gegenwind spürbar wird. Verantwortung zeigt sich in der Bereitschaft, notwendige Veränderungen mitzutragen, in der Akzeptanz klarer Prioritäten. Und in dem Verständnis, dass ein starker Landkreis nicht durch möglichst viele Leistungen definiert wird – sondern durch ein gemeinsames Bewusstsein für das, was machbar, tragfähig und generationengerecht ist. Nachhaltigkeit in allen drei Dimensionen – ökologisch, ökonomisch und sozial – muss auch in schwierigen Zeiten der Maßstab unseres Handelns bleiben“, so Scheffold weiter.
 
Der Alb-Donau-Kreis, so Scheffold, habe über viele Jahre solide gewirtschaftet und stehe nun an einem Wendepunkt. „Wir können die Zukunft nicht gestalten, wenn wir unsere Leistungen nicht anpassen. Priorisieren heißt, bewusst zu entscheiden – für das, was unser Gemeinwesen trägt, und gegen das, was uns überfordert. Nur so bleiben wir handlungsfähig und sichern die Lebensqualität der kommenden Generationen.“